Ars ex machina - Museen, Kunst und Web 2.0

On 6/8/10, Karl D <karl.dz@gmail.com> wrote:
> Diese Nachricht wurde Ihnen von Karl D via Google Reader gesendet. Ars
> ex machina − Museen, Kunst und Web 2.0 via TEXT-RAUM von Helge am
> 31.05.10
>
> Am 6. und 7. Mai 2010 fand in der Berlinischen Galerie die Tagung
> Kultur und Informatik "Interaktive Systeme" statt, auf der ich einen
> Vortrag mit dem Titel "Ars ex machina − Museen, Kunst und Web 2.0″
> hielt.
>
> Sämtliche Vorträge sind in einem Tagungsband veröffentlicht,
> herausgegeben vom wissenschaftlichen Leiter der Tagung Jürgen Sieck.
> Die Konferenz wurde im Rahmen des Stiftungs-Verbundkollegs
> Informationsgesellschaft Berlin (SVKB) der Alcatel-Lucent Stiftung für
> Kommunikationsforschung durchgeführt und von der Forschungsgruppe INKA
> an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin in Zusammenarbeit
> mit der Berlinischen Galerie, dem Museum für Moderne Kunst, Fotografie
> und Architektur ausgerichtet.
>
> .
>
> Hier die Sprechfassung meines Vortrags in Auszügen:
>
> .
>
> Sehr geehrte Damen und Herren,
>
> vor kurzem fand in London die eintätige Konferenz „MuseumNext" statt,
> an die ich hier kurz anknüpfen möchte. Auch dort ging es um die
> Schnittstelle von Kultur, Museum, Technologie und Mensch. Die
> Online-Verantwortlichen der Tate, des Museums of Modern Art in New
> York, des Victoria & Albert und von anderen Museen mit internationalem
> Publikum waren hier als Sprecher geladen. Aus der Ferne konnte man die
> Konferenz per Twitter und dem Hashtag #museumnext verfolgen.
>
> Einige Tweets − also Twitter-Mitteilungen in maximal 140 Zeichen −
> sollen zentrale Themen und Verortungen der Londoner Tagung skizzieren:
>
> Victor Samra, Digital Media Marketing Manager at The Museum of Modern
> Art/New York
>
>
>
> John Stack, Head of Tate Online
>
>
>
> John Stack, Head of Tate Online
>
>
>
>
>
> Bereits aus diesen wenigen Zitaten lassen sich wichtige Koordinaten des
> derzeitigen Medienwandels und seiner Bedeutung für Museen und
> Kulturinstitutionen herauslesen:
>
> - An die Stelle des Besitzes tritt die Teilhabe.
> - An die Stelle des Kunsttempels tritt der Platz.
> - An die Stelle des reinen Senders tritt der Dialog.
> Was hat sich also in den letzten Jahren verändert, dass einige der
> weltweit größten und bekanntesten Museen der Welt einen solchen Wandel
> vollziehen?
>
> 1 Ars ex machina
>
>
>
>
>
>
>
> Das Foto Louvre III von Thomas Struth auf dem Städel Blog ist so
> großartig wie sprechend.[1] Zwischen dem Aufnahmedatum der Fotographie
> aus der Reihe Museum Photographs 1989 und dem Screenshot des Blogs vor
> ein paar Tagen liegen nur 20 Jahre und dennoch Welten.
>
> Was hat sich verändert?
>
> Die Fotographie von Thomas Struth zeigt monumentale Erhabenheit und
> zugleich das Jetzt im Moment des Betrachtens. Wir sehen von der Kunst
> gebannte, vom Wandeln durch die Galeriegänge schon leicht erschöpfte,
> sitzende Menschen. Sie kamen ins Museum, in den Louvre, betrachteten
> die Kunstwerke, versanken vielleicht sogar darin, lasen Schilder, die
> sie über Titel und Urheber des Kunstwerkes aufklärten, mochten die
> Kunstwerke oder auch nicht und sprachen über einzelne Exponate mit
> denjenigen, mit denen sie zusammen das Museum besuchten, oder später in
> der Familie, am Arbeitsplatz.
>
> 2010 sitzen Menschen nicht nur im Museum vor den Kunstwerken, sondern
> zeitgleich vor unzähligen internetfähigen Geräten in der ganzen Welt
> und betrachten die gleichen Kunstwerke am Bildschirm. Zum unmittelbaren
> Kunstgenuss - dem einzigartigen Gegenüber von Mensch und auratischem
> Original - gesellen sich vielfältige Möglichkeiten und Perspektiven,
> die die direkte Kunstrezeption bereichern, ergänzen, Eindrücke
> vertiefen und Dialoge eröffnen. Menschen können sich via Internet
> austauschen, Wissen über einzelne Bilder, Künstler, Skulpturen
> weitergeben und sammeln. Die Besucher können sich jederzeit im
> interaktiven Web 2.0 ihre eigene Ausstellung im Louvre zusammenstellen.
> Mitmachen und Beteiligen sind 2010 möglich. Die Instrumente dazu
> liefert das Internet.
>
> 2 Vom Bilderrahmen zum Bildschirm
>
>
>
> Es ist wie ein Zeitsprung. Das Kunstwerk wird vom Zeitalter seiner
> technischen Reproduzierbarkeit[2] in die entmaterialisierte digitale
> Bildwelt der Gegenwart[3] gebeamt. Längst befinden wir uns im Zeitalter
> der Digitalisierung mit seinem atemlosen Takt der neuen
> Kontextualisierung. Unzählige Kunstwerke aus allen Teilen der Erde, aus
> allen Kulturen der Welt sind jetzt schon online verfügbar. Sie lassen
> sich jederzeit in Blogs und Websites einbetten, Hyperlinks schaffen
> immer neue Verbindungen zu Inhalten. Dreidimensionale, lebendige
> Wissensnetzwerke entstehen. Hier schlummert ungeahntes Potential,
> dessen Dimension wir derzeit noch gar nicht abschätzen können.
>
> Mit etwas Verzögerung erreicht der Medienwandel zunehmend die
> Kulturlandschaft. Museen und vereinzelt auch Künstler fangen an, sich
> mit den Möglichkeiten des Web 2.0 auseinanderzusetzen. Sie öffnen sich,
> suchen den Dialog und landen in der Jetztzeit. Ein spannendes
> Experimentierfeld entwickelt sich im unendlichen Raum des worldwideweb:
>
> Zur Rubens-Ausstellung in München twitterte Peter Paul Rubens für die
> Alte Pinakothek über sein Leben und seine Werke; das Städel Frankfurt
> bloggt und sammelt so Spenden für seinen Erweiterungsbau und baut
> zeitgleich eine eigene Community im Web auf; die Tate hat einen eigenen
> Video-Channel mit einem umfangreichen Kunstprogramm; die Staatliche
> Kunstsammlung Dresden ist mit ihrem Haus bei Second Life und kann hier
> ohne Gefahr für das Kunstgut neue Hängungen testen; die Albertina Wien
> ist mit 30.500 Bildern online; auf facebook finden sich die großen
> Museen der Welt.
>
> Doch: Was passiert eigentlich mit der Kunst, wenn man sie in die
> digitale Welt entlässt? Was bedeutet das für die Originale? Wozu wird
> der Betrachter? Welche Rolle spielt dann das Museum als realer Ort der
> Begegnung von Individuum und Kunst?
>
> Das viel gehütete Original hat sich bereits vieler Angriffe erwehrt.
> Seit dem 19. Jahrhundert befindet es sich im Zeitalter seiner
> massenhaften technischen Reproduzierbarkeit. Aller Weh-und Achrufe der
> Kulturpessimisten zum Trotz führte diese Entwicklung aber nicht zum
> Niedergang der Kunst, sondern sorgte für neue kreative Schübe. Heute
> sind Ready mades von Marcel Duchamp - wie der Flaschentrockner und das
> „Fountain" benannte Pissoir - oder die seriellen Drucke der
> Campbell-Dosen von Andy Warhol Ikonen der Kunstgeschichte und spiegeln
> facettenreich die Massenproduktion. Sie nehmen belanglose alltägliche
> Dinge, Massenware auf und stellen sie in einen neuen Kontext. Fiat ars!
> Oder wie der Historiker und Philosoph Krysztof Pomian es formuliert,
> die Dinge erfahren eine Verschiebung von der Nützlichkeit hin „zur
> Maximierung der Bedeutung."[4]
>
> Heute finden wir Kunstwerke zu Abermillionen digital im Internet.
> Bedeutet das eine Gefahr?
>
> Nehmen wir als Beispiel das berühmteste Kunstwerk: die Mona Lisa. Von
> Leonardo da Vinci ging das schon damals berühmte Gemälde - bereits
> Giorgio Vasari beschrieb es 1568 als von „eher himmlischer als
> irdischer Natur"[5] - in den Besitz von König Franz I. über. Später
> landete es schließlich in Versailles in der Sammlung des Sonnenkönigs
> Ludwig XIV. Nach der französischen Revolution kam das Gemälde in den
> Louvre, um wenig später wieder ganz exklusiv in den Gemächern von
> Napoleon zu hängen. Seit Napoleons Verbannung hat es den Louvre nur in
> wenigen Fällen wieder verlassen.
>
>
>
>
>
> Gibt man bei Google den Suchbegriff „Mona Lisa" ein, erzielt man 8,6
> Millionen Treffer - bei der reinen Bildersuche immerhin noch 2,4
> Millionen.[6] Seit es eine Application des Louvre für Smartphones gibt,
> tragen viele Menschen das Lächeln der Mona Lisa immer mit sich - samt
> Craquelé, in unglaublich detailgenauer Aufnahme.
>
> Trotz der permanenten digitalen Verfügbarkeit pilgern die Menschen
> weiterhin unermüdlich zur Mona Lisa. 2009 waren es allein 6,8 Millionen
> Besucher, die ausdrücklich dieses Gemälde sehen wollten von 8,5
> Millionen Louvre-Besuchern insgesamt.[7]
>
> Noch einmal ein Blick zurück:
>
>
>
> 1919 reichten Marcel Duchamp noch ein Schnauzer, ein Kinnbart und die
> Buchstaben L.H.O.O.Q. und eine billige Mona-Lisa-Postkarte, um ein
> neues Kunstwerk zu schaffen. Heute sieht es anders aus.
>
> Digital reproduzierte Bilder in einen neuen Kontext zu stellen, sie zu
> bearbeiten und zu verändern, geschieht heute massenhaft. Doch führt das
> normalerweise nicht mehr zu einem neuen Kunstobjekt. Heute passiert
> etwas anderes.
>
> 3 Verlust der Mitte oder Gewinn von Neuland?
>
>
>
>
>
> Am Anfang steht der Kontrollverlust. Ist ein Bild erst einmal im
> Internet, gibt es keinen Weg zurück. Es kann kopiert, verlinkt,
> bearbeitet und in völlig willkürliche Zusammenhänge gestellt werden.
> Und sind die Kunstwerke nicht mehr urheberrechtlich geschützt, ist das
> in der Regel der Fälle auch völlig legal. Man kann darin den Untergang
> des Abendlandes nahen sehen oder ein verheißungsvolles Land der
> Möglichkeiten.
>
> Betritt man diese terra incognita einmal unvoreingenommen, stellt man
> fest: Im Anfang sind die digitalen Bilder alle gleichrangig. Während
> sie im Museum in einer abzuschreitenden Abfolge hängen, existieren sie
> im digitalen Universalmuseum - zumindest theoretisch - synchron und
> gleichberechtigt. Bei der Menge der existierenden Bilder ist die
> menschliche Wahrnehmung damit allerdings völlig überfordert. Wie soll
> man in diesem unendlichen Datenkosmos also das finden, was man sucht?
> Hilfe bieten hier die Suchmaschinen. Die Bilder und Links erhalten eine
> Abfolge, werden gewichtet. Die Bestimmung der Bedeutung erfolgt also
> über den Sortieralgorithmus der Suchmaschine. Der Marktanteil von
> Google in Deutschland lag 2009 bei ca. 85-90 %. Wie das Google-Ranking
> genau zustande kommt, ist eines der am besten gehüteten Geheimnisse.
> Das bedeutet, das Museum verliert an dieser Stelle die Deutungshoheit.
>
> Kontrollverlust, Verlust der Deutungshoheit - das klingt erst einmal
> danach, als sollten Museen und Kultureinrichtungen das Internet meiden
> wie der Teufel das Weihwasser.
>
> Mitnichten.
>
> Betritt man die terra incognita also erneut, kann man ein durchgehendes
> Summen vernehmen. Kommt man näher, stellt man fest, dass ein Großteil
> des Summens aus Gesprächen besteht. Es sind Gespräche zwischen
> Menschen, die im Internet miteinander kommunizieren. Sie tauschen
> Wissen, Bilder, Gedanken miteinander, machen sich auf andere Gespräche
> aufmerksam. Hier trifft man auf Menschen, die sich gegenseitig
> inspirieren können.
>
> Tritt man nun ein wenig näher, kann man an diesen Gesprächen
> teilnehmen, andere sogar zum Gespräch einladen.
>
> Die Internetwelt hat sich gewandelt. Internetpräsenzen von Unternehmen,
> Museen, Verbänden als Aushänge- und Reklameschilder im digitalen Kosmos
> verlieren zunehmend an Bedeutung. Heute kann jeder, der es möchte, im
> Internet Inhalte lesen oder auch selbst aktiv Inhalte erzeugen und im
> Internet veröffentlichen. Mit Links lassen sich beliebige Verknüpfungen
> herstellen. Der Link wird zu einem kreativen Element, schafft eine
> inhaltliche Verbindung, die vielleicht zuvor so nicht existiert hat.
> Oder er leitet weiter, wo die eigene Kompetenz endet. So wie es Jeff
> Jarvis, der amerikanische Journalist, Professor an der New York
> University und Blogger auf Buzzmachine.com, formulierte: „do what you
> do best and link to the rest." Mit zunehmender Teilnahme und
> Verknüpfung entstehen persönliche und thematische Netzwerke, die keine
> geographische Grenze mehr kennen.
>
> 4 Die Gesprächskultur
>
> Das griechische museion bedeutet soviel wie „der Sitz der Musen", das
> lateinische museum steht für „Ort der gelehrten Betätigung".
> Inspiration, das gelehrte Gespräch, die Freude beim Anblick eines
> Kunstwerkes sind Merkmale und integrale Bestandteile eines Museums. Es
> finden Dialoge statt zwischen Betrachter und Kunstwerk, zwischen
> Besucher und Museum.
>
> „Märkte sind Gespräche" stellte schon 1999 das wegweisende Cluetrain
> Manifest[8] als Ausgangsthese auf. Diese Gespräche auch in der
> digitalen Welt zu suchen und zu führen, wird die wichtige
> Herausforderung für Kulturinstitutionen sein. Bislang sind die meisten
> Museen zwar im Internet vertreten, aber - mit wenigen Ausnahmen - sie
> gestalten hier nicht.
>
> Museen brauchen ein wiedererkennbares und authentisches Profil, um
> offline und online eine wichtige Rolle zu spielen und die digitale
> Realität mitzuorganisieren. Museen müssen also das „echte" Gespräch
> suchen und es mit einer „echten" Stimme führen.
>
> Einige Beispiele zeigen, wie Gesprächangebote aussehen können:
>
> Das Fachgespräch
>
>
>
> Von 2005 bis 2009 führten das Wallraf-Richartz-Museum & Fondation
> Corboud gemeinsam mit der Fachhochschule Köln, Institut für
> Restaurierungs- und Konservierungswissenschaft das Forschungsprojekt
> „Maltechnik des Impressionismus und Postimpressionismus" durch. Die
> detaillierten Ergebnisse wurden im Internet veröffentlicht.[9]
>
> Die Dimensionen einer wissenschaftlichen Plattform zu einem
> Forschungsgebiet lassen sich an dieser Stelle schon sehr gut erkennen:
> Es können Informationen aus verschiedenen Museen, Sammlungen aus aller
> Welt zusammengefügt und abgefragt werden. Spezialisierte,
> interdisziplinäre, wachsende Wissensplattformen können entstehen und
> den wissenschaftlichen Austausch intensivieren.
>
> Das kultivierte Gespräch
>
>
>
> Zur diesjährigen Rubens-Ausstellung in der Alten Pinakothek in München
> ließ man Peter Paul Rubens wieder auferstehen und über den
> Microbloggingdienst twitter den Meisters selbst zu seinem Leben und
> Werk in 140-Zeichen-Tweets berichten.[10] Neben den Informationen zu
> Rubens konnten hier auch spezielle Termine und Führungen veröffentlicht
> werden. Alte Pinakothek und Alte Meister konnten neue Kanäle nutzen und
> neues Interesse wecken.
>
> Das sichtbare Gespräch
>
>
>
> Das Städel Museum in Frankfurt nutzt derzeit seinen Blog,[11] um Videos
> zu Kunstwerken zu veröffentlichen, die während der Umbauphase ins Depot
> ausgelagert werden müssen. So wird aus dem Fehlen eines Bildes in der
> öffentlichen Sammlung ein Mehrwert und die Aufmerksamkeit für das nun
> fehlende Bild erhöht.
>
>
>
>
>
> Die Tate in London verfolgt eine umfangreiche Online-Strategie, die
> wiederum vollständig online zu lesen ist. So bietet sie u.a. in ihrem
> eigenen Video-Channel[12] ein ganzes Programm an Videos zu Kunst und
> Künstlern an. Die Videos lassen sich nicht nur direkt anschauen, man
> kann sie auch per facebook, twitter und E-Mail weiterempfehlen oder
> sogar auf die eigene Website, in das eigene Blog einbetten. Das
> multipliziert die Reichweite und die Tate hat eine weitere Attraktion.
>
> Gespräche auf facebook
>
>
>
> Das Museum of Modern Art in New York verzeichnet auf seiner
> facebook-Seite knapp 300.000 Fans.[13] Wie bei einem riesigen
> Klassentreffen erfahren die Freunde des MoMA alles Neue und können sich
> erkundigen, austauschen, kommentieren, Videos ansehen. In den USA
> verzeichnet facebook zeitweise mehr Besuche/Visits als Google.[14]
>
> Gespräche zum Mitnehmen
>
>
>
> Eine ganz neue Dimension eröffnen auch Applications oder kurz Apps für
> Smartphones. Diese kleinen Anwendungsprogramme erfüllen ganz
> vielfältige Funktionen. Haben sie eine dialogische Komponente, lassen
> sich Multimedia-Guides mit Share-Funktionen und Geolocation-Services
> kombinieren. Der Kontakt zum Museum ist von überall mobil möglich.
> Welche Ausstellung gerade läuft, wie ich den Weg zum Museum von meinem
> derzeitigen Standort finde, welche Angebote gibt es im Shop, im
> Museumscafé - all diese Informationen kann ich per App direkt von
> meinem Smartphone abrufen. Das NRW-Forum in Düsseldorf hat in
> Deutschland mit einer eigenen App den Anfang gemacht.[15] In Frankreich
> gibt es mit CultureCliq schon eine Application, die frankreichweit
> 1.300 Museen verzeichnet und zeigen kann, wo in der Nähe welche
> Ausstellungen laufen.
>
>
> 5 Ars ex machina - die Kunst als Erscheinungswunder
>
> Johann Zoffany, Die Tribuna der Uffizien, 1773
>
> In der digitalen Welt entstehen wie in der Foucault'schen Archäologie
> „Systeme der Gleichzeitigkeit".[16] Die historisch geprägte Ordnung ist
> an dieser Stelle erst einmal außer Kraft gesetzt. Das bedeutet eine
> Öffnung alter Strukturen und bietet weite Spielräume zur
> Neubetrachtung. Diesen Raum sollten Museen und Kulturinstitutionen zur
> wissenden Gestaltung nutzen. Gespräche führen heißt hier auch
> Fachwissen und Deutungen anbieten. Im Zeitalter der Suchmaschinen wird
> die Quellenkritik zu einer zentralen Aufgabe, um Relevantes von
> Irrelevantem zu unterscheiden.
>
> Kommunizieren heißt Gespräche anbieten und zuhören. Social Media sind
> Ausdruck und Instrument dieses Kulturwandels. Das weltweit größte
> Social Network facebook hat derzeit über 300 Millionen User.[17] Monat
> für Monat besuchen in Deutschland etwa 2,5 Millionen Besucher
> twitter.[18] Hier hört der virtuelle Betrachter und Besucher auf,
> reiner Konsument zu sein. Er trägt bei und äußert sich, spricht
> Empfehlungen aus. Er wird zum „Prosumenten" - wie er im
> Slow-Media-Manifest bezeichnet wird -, also zu einem Gegenüber, das
> selbstbestimmt konsumiert und aktiv produziert.[19] Seine
> Aufmerksamkeit, seine Äußerungen, sein Verhalten wird den
> Präsenzbestand und die Ausstellungspraxis der Museen beeinflussen und
> bereichern.
>
> Digitale Medien ersetzen nicht die Begegnung zwischen Menschen in der
> physischen Welt und auch nicht die Begegnung von Mensch und Kunstwerk
> im auratischen Raum des Museums. Es ist egal, wie viel millionenhaft
> die Mona Lisa digital verfügbar ist - die Menschen werden nicht
> aufhören, ihr auch real von Angesicht zu Angesicht gegenübertreten zu
> wollen.
>
> Digitale Medien stehen hier nicht in Konkurrenz. Sie sind etwas
> zusätzlich Bereicherndes, das auf seine ganz eigene Weise inspirieren
> kann. Social Media sind Orte, die Begegnungen ermöglichen, Begegnungen
> zwischen Menschen und Begegnungen von Mensch und Kunst. Sie bieten die
> Möglichkeit der Gestaltung, der Wertung und Gewichtung in einem
> ansonsten erst einmal wertfreien digitalen Raum. Und diesen
> Gestaltungsraum gilt es, zu entdecken und kommunikativ zu nutzen.
>
> Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
> [1] http://www.das-neue-staedel.de/?s=struth [Zugriff 18. März 2010]
>
> [2] Walter Benjamin, Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen
> Reproduzierbarkeit, Frankfurt am Main 1963. Der Aufsatz entstand
> 1935/36.
>
> [3] Jonathan Crary, Techniken des Betrachters. Sehen und Moderne im 19.
> Jahrhundert, Dresden, Basel 1996. Das amerikanische Original erschien
> 1990. S. 12f. „Welche Beziehung besteht zwischen der
> entmaterialisierten digitalen Bildwelt der Gegenwart und dem
> sogenannten Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit? [...] Auf
> welche Weise gerät die Subjektivität in die ungesicherte Position,
> Schnittstelle zwischen rationalisierten Austauschsystemen und
> Informationsnetzen zu sein?"
>
> [4] Krystof Pomian, Der Ursprung des Museums. Vom Sammeln, Berlin 1988,
> S. 50.
>
> [5] Giorgio Vasari, Lebensläufe der berühmtesten Maler, Bildhauer und
> Architekten, Zürich 1989, S. 330.
>
> [6]
> http://images.google.de/images?q=mona%20lisa&oe=utf-8&client=firefox-a&rlz=1R1GGGL_de___DE355&um=1&ie=UTF-8&sa=N&hl=de&tab=wi
> [Zugriff 18. März 2010]
>
> [7] http://www.noows.de/louvre—jeder-will-die-mona-lisa-sehen-7638
> [Zugriff 12. März 2010]
>
> [8] http://www.cluetrain.de/ [Zugriff 18. März 2010]
>
> [9] www.museenkoeln.de/impressionismus [Zugriff 18. März 2010]
>
> [10] http://twitter.com/rubens_in_muc [Zugriff 18. März 2010]
>
> [11] http://www.staedelmuseum.de/sm/index.php?StoryID=698 [Zugriff 18.
> März 2010]
>
> [12] http://channel.tate.org.uk [Zugriff 18. März 2010]
>
> [13]
> http://www.facebook.com/MuseumofModernArt#!/MuseumofModernArt?v=wall
> [Zugriff 18. März 2010]
>
> [14] http://www.golem.de/1003/73891.html [Zugriff 17. März 2010]
>
> [15] http://www.nrw-forum.de/iphone_app [Zugriff 18. März 2010]
>
> [16] Michel Foucault, Die Ordnung der Dinge, Frankfurt am Main 1974, S.
> 26.
>
> [17]
> http://techcrunch.com/2009/09/15/facebook-crosses-300-million-users-oh-yeah-and-their-cash-flow-just-went-positive/
> [Zugriff 17. März 2010]
>
> [18]
> http://faz-community.faz.net/blogs/netzkonom/archive/2009/09/15/twitter-bleibt-auf-kurs-20-prozent-zuwachs-in-deutschand.aspx
> [Zugriff 17. März 2010]
>
> [19] http://www.slow-media.net/manifest [Zugriff 4. Mai 2010]
>
>

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