Werner Pieper: Blue Bird Award

schon a bit older, die mail
werner ist ein guter verleger
und moca hatte mal ein abo dort. just fyi. k.


2007/5/1 Contraste e.V. <CONTRASTE@t-online.de>:
> Aus CONTRASTE Nr. 271 (April 2007)
>
> LAUDATIO FUeR WERNER PIEPER
>
> Blue Bird Award verliehen
>
> "Werner Pieper fuehrt einen der ungewoehlichsten Verlage im
> deutschsprachigen Raum: Er macht keine Vertraege und kaum Werbung. Er
> verlegt am liebsten, was ihn selbst interessiert und worueber er nicht
> genug weiss. Es ist ihm klar, dass sich manche Buecher nicht verkaufen,
> doch haelt er sie jahrelang im Lager, weil sich noch Kunden finden
> koennten. Er bezahlt seine Autoren gerne (was diese bestaetigen
> koennen). Kurz, seine Geschaeftsprinzipien versprechen den sicheren
> Untergang", so der Wiener Standard im Maerz 2002. Sein Verlag "Gruene
> Kraft" wurde im vergangenen Jahr 35 Jahre alt und Werner Pieper erhielt
> im November 2006 den "Blue Bird Award" des oertlichen Weinheimer
> soziokulturellen Zentrums "Muddy's Club" ueberreicht. Nachfolgend
> veroeffentlichen wir die Laudatio, gehalten von Sharon Levinson.
>
>
> "Eigentlich ist Werner Pieper ein Fan, ein Mensch, der andere Menschen
> verehrt und durch seine Publikationen gefoerdert hat. Er hat Buecher von
> Albert Hoffmann, Micky Remann, Luisa Francia, Wau Holland und vielen,
> vielen Anderen veroeffentlicht, von Menschen, die ihm bedeutend
> erschienen. Trotz gesundem Selbstbewusstsein ist ihm vielleicht nicht
> bewusst, wie wichtig sein Tun fuer andere gewesen sein mag.
>
>
> Der innewohnende Widerspruch im Zusammenhang mit Werner Pieper von Ehre
> und Preis zu sprechen, macht diesen Anlass fuer mich heiter. Daher ist
> es mir ein Vergnuegen, ihn heute als Preistraeger zu ehren. Nicht, dass
> ich der Meinung waere, er haette ihn nicht verdient - ganz im Gegenteil.
> Aber ihm ist alles offizielle, artifizielle, gesellschaftlich
> Respektable fern, ja direkt suspekt. Als er mir von dieser kommenden
> Ehre erzaehlte, sagte er: "Wenn man mir das Bundesverdienstkreuz haette
> verleihen wollen, haette ich abgelehnt, aber den BlueBird nehme ich
> gerne an."
>
> Werner ist ein gebuertiger Sauerlaender und mit den Charakterisierungen
> nach Landesstrichen ist es aehnlich wie mit der Astrologie: man glaubt
> nicht wirklich daran. Man will ja keine Vorurteile hegen, aber
> irgendetwas scheint dann doch ein klein wenig ueberein zustimmen bei der
> Essentialisierung von Menschen... also den Sauerlaendern sagt man nach,
> das sie stur sind. Und auch mein Grossvater muetterlicherseits war von
> diesem Schlag, aber ich schweife ab, und wollte nur sagen, dass er wohl
> ein Lokalpatriot ist, zumindest in dem Sinn, dass er Fan von Borussia
> Dortmund ist. Aber ueber Fussball kann ich nicht wirklich sprechen.
>
> Ich habe Werner Pieper Ende der sechziger Jahre in Heidelberg kennen
> gelernt. Er war Zivildienstleistender in der Schlierbacher Rehaklinik
> bei Querschnittsgelaehmten, hatte zu dieser Zeit bereits eine
> abgeschlossene Kochlehre hinter sich, war Gruender des Petards Fan Clubs
> und Dank dem britischen Radiosender in Westfalen ein Liebhaber und
> Kenner der Beatmusik sowie der Londoner Szene. Heidelberg war zur Zeit
> des Vietnamkrieges eine Hochburg der Hippies, GI's und der politischen
> 68er Bewegung.
>
>
> Noch heute unschwer erkennbar gehoerte Werner zu den Hippies. Dies ist,
> war und bleibt seine Ueberzeugung. Denn aus einem bewussten Entschluss
> heraus hat er seine miefige, kleinbuergerliche von AltNazi-Gedankengut
> gepraegte Herkunft zurueck gelassen. Heidelberg, das damalige Mekka der
> Bewusstseinserweiternden Drogen wurde seine Wahlheimat. Hier begann er
> seine Ideen umzusetzen, veranstaltete Konzerte und Filmabende und gab
> 1971 den ersten "Gruenen Zweig" heraus.
>
>
> Die erste Ausgabe bestand lediglich aus einer Sammlung loser Blaetter in
> einem Briefumschlag. Sein damaliges Vorbild war Steward Brand, der
> Herausgeber des amerikanischen "Whole Earth Catalogs". Die Themen
> Oekologie - damals noch ein Fremdwort - KommuneLeben, Selbstversorger,
> Esoterik, Indianische Gedankenwelten, Muellvermeidung usw.. Fuer diese
> Themen war er ein Vorreiter. Das erfolgreichste Heft dieser Zeit hiess
> "Ernaehrung und Bewusstsein". Viele der Themen mit denen er sich damals
> beschaeftigt hatte, haben bis heute wenig an Bedeutung verloren und sind
> mittlerweile allgemeines Gedankengut.
>
> Das Geruecht haelt sich, dass die Gruenen ihren Parteinamen von seiner
> "Gruenen Kraft" abgeleitet haben. Neben den themenbezogenen Heften, den
> "Gruenen Zweigen" gab es einige Jahre lang eine Zeitschrift: "Kompost".
> Spaeter kamen Buecher und Tontraeger hinzu, von denen die
> Alternativpressen-Bestseller die "Hackerbibel" und "Das Scheissbuch" waren.
>
>
> Dass er mit diversen Titeln Aufsehen erregte, war keineswegs seine
> Absicht. Werner hat sich immer das Recht vorbehalten, zu tun was ihn
> interessiert, mal war das fuer Viele von grossem Interesse, aber eben
> oft auch nicht. Er hat manche Themen einfach zu frueh angebracht, z.B.
> ein Buch ueber Weltmusik; ein anderes, das "Willkommen" heisst und ueber
> die Sitten und Manieren anderer Voelker und Kulturen aufklaert. Dies war
> leider ein totaler Flop in Deutschland, wo man stets meint, die Anderen
> haetten sich unserer Kultur anzupassen. Viele Buecher hat er zu
> Drogenthemen heraus gebracht, ueber synthetische wie LSD und XTC ebenso
> wie ueber natuerliche Drogen wie Haschisch oder Pilze, aber auch Buecher
> zur Drogenproblematik und ein Erste-Hilfe-Buch bei Drogennotfaellen.
> Ueber all die Jahre  hat er Buchgeschenkpakete an Gefangene versendet.
>
> Um die ganze Bandbreite seines verlegerischen Tuns zu veranschaulichen,
> erwaehne ich noch einige Werke der letzten Jahre: Ein Buch ueber die
> fruehere deutsche Kolonie Namibia, die Werner bereiste, zwei Buecher
> ueber Musikzensur, eines ueber den Drogengebrauch im 3. Reich "Nazis on
> Speed" in zwei Baenden, eines ueber Zucker und sein Suchtpotential, den
> Handel und seine Rolle in der Sklaverei, ein Buch ueber den
> Ex-Bundespraesidenten Heinrich Luebke. Es heisst, zur Zeit bereite er
> ein Buch mit Zeitzeugen der 60er Jahre vor.
>
> Werner Pieper ist unermuedlich, er ist diszipliniert und er hat ihm
> eigene Ueberzeugungen und Geschaeftsgebaren. Die Tatsache, dass er sich
> weigert, bei Banken Geld aufzunehmen, hat einerseits seine Firma
> kleingehalten, sie aber auch ueberleben lassen, wo so viele
> Kleinstverlage den Bankrott erklaeren mussten. Er inseriert nicht. Er
> lehnt christliche Feiertage ab und feiert stattdessen seine eigenen.
> Seine Buecher des Forstsmeisters Fabricius brachten ihm die Kritik der
> Linken ein, die meinten, ihn in die rechte Ecke stellen zu koennen. Aber
> Pieper hat eine ihm ganz eigene Ecke bezogen, die sich nicht politisch
> definieren laesst oder wie Ernst Jandl sagte: "manche meinen lechts und
> rinks darf man nicht verwechseln, welch ein Illtum."
>
> Er bewohnt mit seiner lieben Frau Nadina Leganovic seit 1973 ein kleines
> Haus, die Alte Schmiede in Loehrbach. Sie haben eine Tochter und die
> studiert in Berlin. Sein Buero hat er in der Weinheimer Judengasse. Der
> Weinheimer "Roten Turm" den er ueber viele Jahre verwaltete, wurde vor
> ein paar Jahren, nach endlosem Aerger, wegen schlecht ausgefuehrter
> Renovierungen der Stadt, wohl den Tauben zurueckgegeben.
>
>
> Piepers Leben verlaeuft in erstaunlich geordneten Bahnen, die man so bei
> ihm nicht vermuten wuerde. Er lebt nach Richtlinien, die er sich selbst
> auferlegt, morgens bearbeitet er seine Post, Donnerstags besucht er mich
> in Heidelberg, geht in die Bibliotheken und Plattengeschaefte, trifft
> Freunde. Einmal im Jahr pflegt er eine mehrwoechige Genussmittel-Fast:
> kein Fleisch, kein Tabak, nichts Suesses etc. Zweimal jaehrlich faehrt
> er nach England. Einmal jaehrlich zum arbeiten auf eine Insel. Er faehrt
> Mofa und mit der Bahn. An jedem Vollmond ist Party im Hause Pieper. An
> Thanksgiving gibt es ein Fest der alten Freunde mit Truthahn, an Ostern
> holt er Wasser an der Lichtenklinger Quelle.
>
> Fuer dieses so besondere Gemisch aus Eigenheiten und grossen
> Ueberzeugungen, fuer seinen Mut, gegen den Strom zu schwimmen, das
> ungewoehnliche zu wagen und sich selbst stets treu zu bleiben, fuer all
> dies hat er sicher diesen Preis verdient. Ein Preis, der "Bluebird"
> heisst, blau wie der Blues, den er ebenso liebt wie Gospel und
> afrikanische Musik, ein Preis ohne Kreuz und Gold, ein
> Vogel-Pieper-Preis. Ein Preis, der von Menschen dieser Stadt vergeben
> wir, die sich einst aufmachten, gegen ein Braunes Weinheim zu kaempfen
> und die dies mit Musik erfolgreich vollbrachten. So ist dies ein
> durchaus bunter Preis, der leuchtende Farben zulaesst, ungewoehnliche
> und freiheitliche Gedanken nicht nur toleriert, sondern sie belobigt und
> foerdert.
>
> Glueckwunsch Werner Pieper zu diesem Preis, zu 35 Jahren
> kontinuierlicher Gruener Kraft. Long live the Blue Bird and high shall
> he fly".
>
> www.gruenekraft.net
>
> Kasten
> _________________________________________________________
>
> INFO
>
> Werner Pieper ist Autor und Verleger, Psychonaut und "Ex-Dealer". In den
> Siebzigern und fruehen Achtzigern brachte er die Zeitschriften Humus und
> Kompost heraus, die in der Alternativbewegung recht bekannt wurden.
>
> Werner Pieper betreibt in Loehrbach bei Weinheim einen der bekanntesten
> Independent-Verlage Deutschlands, der 1971 in Heidelberg als "Die Gruene
> Kraft" gegruendet, in den 80ern unter dem Namen "MedienXperimente"
> bekannt wurde und heute "Werner Pieper & The Gruene Kraft" heisst.
>
> Im Verlag Werner Piepers erschienen die ersten Schriften zu Themen wie
> Naturkost, Indianer, Geomantie, Jonglieren wie auch die
> deutschsprachigen Erstausgaben von Autoren der amerikanischen
> psychedelischen Bewegung wie Timothy Leary und Terence McKenna. Ebenso
> erscheint dort eine grosse Auswahl von kritischen Buechern zu LSD, MDMA,
> Psilocybin und anderen Pilzsubstanzen, psychoaktiven Kakteen sowie
> weiteren psychoaktiven Substanztraegern. Ein weiterer Schwerpunkt des
> Verlages sind Sachbuecher ueber Themen, die von grossen Verlagen kaum
> aufgegriffen werden. Zum Beispiel die Hackerbibeln des Chaos Computer
> Clubs, allgemeine Publikationen zum Thema Rauschkunde (Geschichte und
> Suchtgefahren), Musik und Zensur, sowie innere und aeussere
> Reiseberichte. Eine gewisse Beruehmtheit erreichte in den 80er Jahren
> das sogenannte Scheissbuch, eine Artikel- und Zitatensammlung rund ums
> Thema, das auch in einer Sendung von Juergen von der Lippe vorgestellt
> wurde.
>
> Quelle: http://de.wikipedia.org)
>
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