Murray Bookchin * 14.01.1921 - 2006

Heute ist sein *!
#bornonthisday



zum vormerken:
#bookchin99 in 2020
#bookchin100 in 2021



Aus CONTRASTE Nr. 264 (September 2006)

Murray Bookchin gestorben

Der am 30. Juli im Alter von 85 Jahren im US-Bundesstaat Vermont
verstorbene Murray Bookchin ist vor allem fuer seine theoretischen
Versuche einer Zusammenschau von Anarchismus und Oekologie bekannt.
Nicht nur in den USA galt er - zusammen mit Janet Biehl und anderen -
als Begruender einer "sozialen Oekologie", die er auch an den von ihm
gegruendeten gleichnamigen Institut lehrte.


Nach seiner Jugend in der US-Arbeiterbewegung kritisierte Bookchin schon
frueh den Stalinismus und forderte, dass sich marxistisches und
anarchistisches Denken auf die in den 1960er Jahren immer sichtbarer
werdende Krise der Staedte und der Natur einlassen muesse. In den USA
hatte seine Kritik an Wachstum und Herrschaft, sein Eintreten fuer
Dezentralisieurng und Selbstverwaltung eine grosse Bedeutung fuer die
Oekologie- wie auch fuer die anarchistische Bewegung. Im Laufe seines
umfangreichen theoretischen und praktischen Wirkens gerieten immer mehr
die Hierarchien zwischen Menschen und die zwischen dem Menschen und der
(von ihm mitgeschaffenen) "Natur" in den Blick, er kritisierte
ausdauernd die in den USA weit verbreiteten biologistischen und
naturalisierenden Sichtweisen der "deep ecology". In den 1990er Jahren
wandte er sich einem libertaeren Sozialismus auf kommunaler Ebene zu,
der an die progressiven und bis an die Gruendung der USA
zurueckreichenden Traditionen von Gemeinde und Nachbarschaft anknuepft.
Fuer diese Position, die mit ihrem Setzen auf Stadteilarbeit und direkte
Demokratie mit Kommunitarismus und Zivilgesellschaft vereinbar war,
musste sich Bookchin kritisieren lassen. Von Bookchin liegen einige
Titel auf deutsch vor, darunter die beiden wichtigen Werke "Die
Oekologie der Freiheit. Wir brauchen keine Hierarchien", erschienen 1985
und "Die Neugestaltung der Gesellschaft" (1992). Seine Ideen wurden aber
jenseits eines kleinen anarchistischen und eines noch schmaleren
radikaloekologischen Segmentes nicht wahrgenommen. Durch seinen Tod
verliert die Welt einen der immer seltener werdenden
Cross-Over-Intellektuellen, der in seinem Leben verschiedenste Straenge
zusammengeknuepft hat.

Bernd Huettner



s.a.
http://wiki.aki-stuttgart.de/mediawiki/index.php/Murray_Bookchin