Buchtipp: Nanni Balestrini: Der Verleger

2x cc zur info


On Thu, Sep 24, 2020 at 11:15 AM <hamburg@assoziation-a.de> wrote:

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

wir möchten euch/Sie auf die Neuausgabe eines Romans aufmerksam machen, denn wir wärmstens zur Lektüre empfehlen. Es handelt sich um »Der Verleger«, das formal und inhaltlich vielleicht radikalste Werk des großen italienischen Schriftstellers Nanni Balestrini, der im vergangenen Jahr gestorben ist. Der Roman ist eine der gelungensten literarischen Verarbeitungsformen der dramatischen 1970er-Jahre – nicht nur – in Italien. Zugleich stellt er die Würdigung einer der herausragendsten Verlegerpersönlichkeiten der europäischen Nachkriegsgeschichte dar.

Nanni Balestrini
Der Verleger
Aus dem Italienischen von Christel Fröhlich und Andreas Löhrer
ISBN 978-3-86241-480-2, 152 Seiten, gebunden, 18,00 €
https://www.assoziation-a.de/buch/Balestrini_Der_Verleger

An einem Morgen im Frühling des Jahres 1972 wird in der Nähe von Mailand unter einem Strommast die Leiche eines Mannes gefunden, der bei einer fehlgeschlagenen Sabotageaktion ums Leben kam. Schnell stellt sich heraus: Bei dem Toten handelt es sich um Giangiacomo Feltrinelli, die berühmteste und schillerndste Verlegerpersönlichkeit Europas, Spross einer reichen Familie, militanter Linker und Parteigänger Che Guevaras.

Fast 20 Jahre später treffen sich ein junger Regisseur, eine Journalistin, ein Buchhändler und ein Universitätsprofessor, die damals Weggefährten des Verlegers waren, um einen Film über sein Leben zu drehen und der Bedeutung nachzugehen, die sein Tod für ihre eigene Biografie und die Entwicklung der neuen Linken beinhaltete.

Das Filmprojekt wird nicht zum Abschluss kommen, doch klar wird, dass der Tod des Verlegers einen entscheidenden Wendepunkt der italienischen Linken markierte und den Übergang zu den Kämpfen einer jungen Generation bedeutete, die sich auf die Suche nach radikal neuen, kollektiven Lebens-, Arbeits- und Aktionsformen machte und damit in einen schroffen Gegensatz zum herrschenden Gesellschaftssystem trat.

Der Roman montiert in virtuoser Weise zeitgenössische Presseberichte, den Obduktionsbericht der Leiche, die heftigen Diskussionen, die der Tod Feltrinellis in der Linken auslöste, und verknüpft sie mit Zitaten einer leidenschaftlichen Liebesgeschichte aus Malcom Lowrys »Unter dem Vulkan«. So gelingt es dem literarisch kunstvollsten Roman Balestrinis, die dramatischen 1970er-Jahre Italiens in emblematischer Weise zum Ausdruck zu bringen und der verfemten und verzerrten Figur des Verlegers ihre Würde zurückzugeben.

Mit herzlichen Grüßen
Theo Bruns & Rainer Wendling

https://www.assoziation-a.de/
https://twitter.com/AssoziationA
https://www.facebook.com/Assoziation-A-535947913096142