Jannis Kounellis + 16.02.2017 :: #ARTmooc

#diedonthisday



On Sun, Feb 16, 2020 at 6:28 PM Karl Dietz <karl.dz@gmail.com> wrote:
On Sat, Feb 16, 2019
heute ist sein 2. todestag
sein gmünder galgen war ein kunstwerk wie es wenige gibt



>>
>> Freitag, 14. September 2012
>> Schicksal der verschollenen Gmünder Jahrhundertsskulptur „Galgen" ist geklärt
>>
>> Offiziell und offenherzig hat gestern die Gmünder Stadtverwaltung
>> bekannt gegeben: Die vor ziemlich genau 20Jahren in Gmünd errichtete
>> Großskulptur des griechischen Künstlers Jannis Kounellis existiert
>> nicht mehr. Sie wurde „wegen Altersschwäche" entsorgt".
>>
>> SCHWÄBISCH GMÜND (hs). Die „Wege zur Kunst" des Straßdorfer
>> Fördervereins wollte in Sorge um Würde und Fortbestand der
>> demontierten und auf dem Bauhof eingelagerten Skulptur die mächtigen
>> Kunsthölzer schon vor Jahren zu sich nehmen. Angedacht war eine
>> Rekonstruktion und Wiederaufbau bei Straßdorf vor der Kulisse des
>> Hohenrechberg. Und zuletzt hatte sich die Rems-Zeitung im Rahmen eines
>> Rundgangs zu den vielen anderen im Bauhof zwischengelagerten
>> Kleindenkmälern und Kunstobjekten nach dem Schicksal des
>> Kounellis-Galgen erkundigt. Zunächst hieß es, er sei verschollen. Und
>> gleich nach Rückkehr aller Amtsleiter nach dem Urlaub werde man sich
>> um Klärung bemühen.
>> Die 32 Meter hohe Großskulptur von Jannis Kounellis hatte vor genau 20
>> Jahren im Rahmen der regionalen Kunstaktion „Platzverführung" die
>> Stadt in helle Aufregung versetzt. Von „Platzvergewaltigung" war die
>> Rede, weil der Künstler das galgenartige Monstrum provokativ direkt
>> neben das gotische Münster setzte und das Objekt in Experten-Deutungen
>> sogar mit dem Kreuz gleichgesetzt wurde. Die vielen
>> Auseinandersetzungen und Diskussionen hatten meist tumultartigen
>> Charakter. Es kam in der aufgeheizten Stimmung zu schlimmen Auswüchsen
>> von beiden Seiten: Anschläge auf den Galgen und aufs Altarkreuz im
>> Münster.
>> Der damalige Kulturamtsleiter Klaus Eilhoff bemüht sich bis heute um
>> eine Versachlichung des Eklats zwischen Bevölkerung und der Denkweise
>> des weltweit erfolgreichen Künstlers: Mit dem Begriff Galgen sei
>> seinerzeit leider großes Missverständnis eingekehrt; es habe sich
>> vielmehr um einen Kran gehandelt. An den Ausleger habe Jannis
>> Kounellis ein Sack mit Möbeln gehängt, um am Münster sinnbildlich die
>> Untugend des Menschen darzustellen, weil dieser oft dazu neige
>> Materielles höher zu hängen als Geistliches und Geistiges.
>> Andererseits strotzten eilends angereiste Kunstsachverständige vor
>> Überheblichkeit gegenüber der Bevölkerung, die völlig überrumpelt
>> wurde. Bundesweit machte sodann in den großen Zeitungen, Magazinen und
>> TV-Sendungen die dankbare Story Furore: Ein Weltklassekünstler bringt
>> in Schwaben die Provinz in Wallung. Dieses Wechselspiel sorgte in
>> Schwäbisch Gmünd für noch mehr Verärgerung. Galgen bzw. Kran
>> beherrschten schließlich den OB-Wahlkampf, nachdem sich nahezu
>> punktgenau mit dem Abbau der von einem Orkan lädierten Skulptur auch
>> Amtsinhaber Dr. Wolfgang Schuster vorzeitig entschlossen hatte, seine
>> Karriere in der Landeshauptstadt fortzusetzen. Wie auch immer jeder
>> Gmünder jene turbulenten Monate in Erinnerung hat und bewertet; noch
>> nie gab es in dieser Stadt eine solche intensive Auseinandersetzung
>> mit Kunst im öffentlichen Raum. Selbst Kritiker von damals liebäugeln
>> nun 20 Jahre später mit Wehmut und distanzierter Wiedersehensfreude zu
>> der Idee: Man könnte doch dieses Objekt, das Stadtgeschichte schrieb,
>> anlässlich der Landesgartenschau im Remspark beispielsweise am
>> Rokokoschlösschen oder am historischen Postgebäude wieder aufbauen?!
>> Markus Herrmann, Pressesprecher der Stadtverwaltung, gab nun gestern
>> nach Rücksprache mit den aus dem Urlaub heimgekehrten und zuständigen
>> Amtsleitern bekannt: Den Galgen gibt's nicht mehr. Die Teile seien
>> wegen klarer Altersschwäche vom Bauhof als Altholz entsorgt worden. Zu
>> diesem Schritt hätten sich die zuständigen Mitarbeiter schweren
>> Herzens entschlossen, nachdem bei einem Bergungsversuch mittels eines
>> Staplers ersichtlich geworden sei, dass die Balken hoffnungslos morsch
>> geworden seien. Das bis dahin unter Planen gelagerte Kunstholz sei von
>> alleine zerbröckelt und auseinander gefallen. Es musste dem neuen
>> Baugebiet zwischen Bauhof und ehemalige Hardtkaserne Platz machen.
>> Fügung des Schicksals: Echte Kräne markieren nun jenen Platz, wo der
>> Kunst-Galgen bzw. –Kran in den letzten 20 Jahren achtlos seine letzte
>> Ruhestätte hatte. Gmünd wird ihn gewiss in ewiger — je nach Sichtweise
>> — seliger und auch unseliger Erinnerung behalten.
>> Rathaus-Pressesprecher Markus Herrmann ergänzt, dass zumindest die
>> eisernen Schrauben und Beschläge, welche die elegante Holzkonstruktion
>> zusammenhielten, geborgen seien. Man werde sie auf jeden Fall
>> verwahren. Denkbar sei eines Tages eine Ausstellung oder Dokumentation
>> im Museum.
>>



Foto: Gmünder Galgen von Jannis Kounellis (1936-2017)